Mieterstrom in der Passivhaussiedlung
Mieterstrom in der Passivhaussiedlung
Eigenversorgungskonzept mit E3/DC-Hauskraftwerk und sechs PV-Anlagen
Fünf Häuser, 13 Wohneinheiten: Eine kleine Passivhaussiedlung in der niedersächsischen Gemeinde Twist zeigt, wie Eigentümer und Mieter die Energiewende gemeinsam gestalten können. Alle Dächer erzeugen Strom, der über ein E3/DC-Hauskraftwerk gespeichert und verteilt wird – auch an die Wärmepumpen, die den geringen Wärmebedarf der Passivhäuser decken. Der Eigentümer der Gebäude ist zugleich Energieversorger für seine Mieter.
Fakten im Überblick:
- Objekt: Passivhaussiedlung (4 MFH und 1 EFH)
- Standort: Twist, Landkreis Emsland, Niedersachsen
- Energiebedarf: 32.000 kWh in den Haushalten, 15.000 kWh für 5 Wärmepumpen
- PV-Anlagenleistung: 65 kWp, verteilt auf 6 Anlagen
- Speichersystem: Hauskraftwerk S10 E PRO (19,5 kWh) und 6 externe Wechselrichter
- Autarkie: 55 % inklusive Wärmeerzeugung
- Extras: Separate Wärmepumpen und Lüftungsanlagen in den Wohnhäusern
Im Zentrum der kleinen Siedlung steht ein Gemeinschaftsgebäude mit Technikraum, wo die Solarstromerzeugung gebündelt und von dem aus die gesamte Versorgung aller Wohneinheiten mit Strom und Wasser gesteuert wird. Nur die Wärmepumpen sind dezentral in den Wohnhäusern installiert. Initiator des Projekts ist der Eigentümer Martin Nyhuis, der im Jahr 2005 mit seinem eigenen Wohnhaus den Grundstein der Siedlung legte. Diesem Prototyp eines Passivhauses folgten die nach dem gleichen Konzept errichteten vier Wohnhäuser mit jeweils drei Mietwohnungen. Die Motivation, so ganz anders als üblich zu bauen, war eine nachhaltigere Form des Wohnens und Lebens, betont Nyhuis: „Das kommt eigentlich schon aus meiner Schulzeit. Ich habe mich früh mit dem Club of Rome beschäftigt, mit der Erkenntnis, dass die Menschheit nicht wie bisher weitermachen kann. Wir wollten mit unserem Projekt zeigen, dass es anders geht.“
Wenig Verbrauch und doch viel Sparpotenzial
Die Energie-Verbrauchswerte der Siedlung sind – auf 13 Wohneinheiten heruntergebrochen – schon ein Beweis, dass dieses Wohnmodell seiner Zeit von Anfang an voraus war: 32.000 kWh Strom werden insgesamt benötigt, zudem weitere 15.000 kWh für den Betrieb der fünf Wärmepumpen mit je 1,8 kW Leistung. Mit Netzbezugskosten von über 13.000 Euro bieten diese Mengen aber doch ein großes ökonomisches und auch ökologisches Einsparpotenzial, wenn die Bewohner Eigenversorgung betreiben. Und so entstand in Twist im Jahr 2019 ein schon lange anvisiertes Solarprojekt.
Realisiert hat es Dr. Tanja Lippmann vom Solarbetrieb Schrameyer aus Ibbenbüren. Das Team installierte sechs PV-Anlagen und verband sie mit einem Hauskraftwerk S10 E PRO von E3/DC zu einer Gesamtlösung. Zahlreiche bauliche Voraussetzungen dafür hatte Nyhuis schon beim Bau der Häuser vor gut 10 Jahren berücksichtigt. Der Anlass für die konkrete Projektplanung aber war das Mieterstromgesetz, das ihm als Eigentümer ermöglicht, seine Mieter mit selbst erzeugtem und ergänzend mit Netzstrom zu versorgen. Die Mietparteien haben die freie Wahl, in der Siedlung machen aber bis auf eine Ausnahme alle mit und beziehen ihren Strom aus dem Eigenversorgungskonzept. Zum öffentlichen Stromnetz gibt es für sie deshalb nur noch einen Anschluss für Bezug und Einspeisung, die interne Messung und Verrechnung der Verbräuche erfolgt über ein Smart-Meter-Konzept und über den Dienstleister Discovergy.
Hauskraftwerk als Energiezentrale
Die Siedlung verfügt nun über eine solare Erzeugungskapazität von rund 65 kWp, verteilt auf sechs Anlagen. Die größte befindet sich auf dem Carport in Ost-West-Aufständerung und bringt den überwiegenden Teil ihrer Leistung von gut 25 kWp direkt DC-seitig in das Hauskraftwerk ein. Die weiteren anderen fünf Anlagen sind auf den Wohnhausdächern installiert und über externe Wechselrichter an das Speichersystem angeschlossen. Ihr Ertrag ist also ebenso direkt und über den Speicher zeitversetzt nutzbar.
Installiert hat Schrameyer ein Hauskraftwerk der PRO-Serie mit einer Kapazität von 19,5 kWh, die bei diesem System über einen externen Batterieschrank auf 39 kWh verdoppelt werden kann. Priorität beim Laden hat die Energie aus der DC-seitig angeschlossenen Anlage, doch auch die weiteren Wechselrichter können AC-seitig in das für den Hybridbetrieb geeignete Hauskraftwerk einspeisen, wenn ein Direktverbrauch nicht möglich ist. Die zentrale Leistungsmessung sorgt dafür, dass das Hauskraftwerk die Anforderungen aus den 13 Wohneinheiten effizient bedient und Energie im Speicher für den Abend und für die Nacht bevorratet.
Energetisch eher aktiv als passiv
Geschätzt rund 60.000 kWh Solarstrom erzeugen die Eigenversorgungsanlagen in Summe über das Jahr – deutlich mehr also als jene 47.000 kWh, die in der Siedlung insgesamt benötigt werden. Nyhuis und seine Mieter verbrauchen rund 43% des Stroms selbst und erreichen mit dieser Anlagenkonstellation eine Gesamtautarkie von 55%. An sonnigen Tagen sind es auch mal weit über 80%, wie Dr. Tanja Lippmann anhand der Betriebsdaten zeigen kann. Darin enthalten ist die gesamte Wärmeenergie. Eigenversorgung ist also erfolgreich möglich und weniger komplex als viele denken. Das bewies Martin Nyhuis zuvor schon mit einer weitgehend eigenständigen Wasserversorgung, die das Regenwasser des Areals nutzt. „Jetzt aber“, sagt er nicht ohne Stolz, „bin ich Energieversorger! An den Gedanken muss man sich gewöhnen, aber es ist nichts Problematisches. Es muss halt alles entsprechend eingerichtet werden.“
Eine Passivhaussiedlung im niedersächsischen Twist versorgt sich weitgehend selbst mit Strom und Wärme. PV-Anlagen mit insgesamt 65 kWp, ein gemeinsam genutztes Hauskraftwerk S10 E PRO und Wärmepumpen machen die Bewohner zu rund 55% autark. Zum nachhaltigen Wohnkonzept gehört auch die Regenwassernutzung.